3 jul 2013

El projecto nórdico: Die spanischen Kriegsziele Nordeuropas (1626 – 1629). Ein Beispiel der spanischen Kabinettspolitik.

Philip IV, 1623, von Velazquez.
(1) Die zwei langfristigen Ziele Spaniens – eine Einleitung

Wenn man von den spanischen Kriegszielen im dreißigjährigen Krieg spricht, kann man von drei verschiedenen Arten von Zielen ausgehen: den lang-, mittel- und kurzfristigen Zielen.

Die langfristigen Ziele Philipps IV von Spanien (bzw. seines Kronrates) waren dieselben welche schon seine Vorgänger Philipp II und PhilippIII verfolgt hatten:
  • erstens die Verteidigung des katholischen Glaubens, sowohl gegen die nordeuropäischen Häretiker als auch gegen die muslimischen Osmanli im Süden;
  • zweitens die Sicherung der spanischen Vorherrschaft, sowohl in Europa als auch in Amerika (Fernández Álvarez, La cuestión, 7).
Diesen langfristigen Zielen waren eine Serie von mittelfristigen Zielen untergeordnet, welche sich unter den jeweiligen Umständen änderten. So konnte eine militärische Niederlage, das Aussterben einer Dynastie oder die Bildung eines Bundes diese Ziele gefährden, wenn nicht gar zunichte machen.
Flagge der
Republiek der Zeven Verenigde Nederlanden
Flagge des Imperio Español
Das wohl bekannteste mittelfristige Ziel Spaniens, welche den beiden langfristigen Zielen dienlich war, dürfte die militärische,politische und wirtschaftliche Unterwerfung der rebellischen undprotestantischen Niederlande sein. Denn langfristig schadete die freie Republik den spanischen Interessen. Die Vorherrschaft auf den Weltmeeren war gefährdet, ein wichtiger strategischer Brückenkopf in den Herzen Europas musste gehalten werden und vor allem waren die Niederländer (und dies war für manch Mächtigen von Spanien wichtig) Häretiker, welche besiegt werden mussten.

Anhand des Beispiels des Nordprojekts werde ich diese mittelfristigen und kurzfristigen Ziele Spaniens des 16. und 17. Jahrhunderts untersuchen.
Das Nordprojekt war einer der zahlreichen Versuche um die Niederlande wirtschaftlich, politisch und militärisch zu besiegen. Es wurde 1626 entwickelt, dessen Ziele waren aber schon seit den 1622er erkennbar. Zunächst formuliere ich die mittelfristigen Ziele und gehe anschließend auf die kurzfristigen Ziele ein. Allerdings muss man sich stets erinnern, dass sich der wirtschaftliche Faktor (wie schon Braudel formulierte) langsam verändert, so dass die wirtschaftlichen Ziele zwischen 1622 und 1629 stets gleich blieben, ganz im Gegensatz zu den kurzlebigen politischen Faktoren.
Über das Nordprojekt gibt es in zahlreichen Quellen nur vereinzelte Hinweise; so dass ich mich auf drei Hauptquellen stütze: das monographische Werk La politica europea de España durante la guerra de los treinta años (1624 – 1639) von Rafael Ridenas Vilar aus dem Jahr 1967, und die zwei Artikel Die kaiserliche Ostseeflotte (1627 – 1632) von Helge bei der Weiden, 1979, und El Corso del Flandes español como factor de guerra economica von Enrique Otero Lana, 2005. Da es seit dem keine neueren Entdeckungen gemacht wurden, reicht dieses Quellenmaterial vorerst aus.

Warum schreibe ich über dieses Thema? Wegen drei Gründen: erstens war das Thema bisher recht einseitig betrachtet worden (Rideans Vilar analysierte das Thema von der politischen, bei der Weiden die wallensteinischen und Otero Lana die flandrischen Sicht). Zweitens passt das Thema gut zur Fragestellung was die Kriegsziele Spaniens waren. Noch dazu ist es chronologisch klar Umrissen: 1626 begann es, und mit der Schwedeninvasion fand es sein Ende. Dritten war es reizvoll ein bisher wenig betrachtetes Beispiel der spanischen Kabinettspolitik zu studieren.

(2) Die drei mittelfristigen Ziele des Nordprojekts

Obwohl es auf den ersten Blick nicht so erscheinen mochte: Spanien war sowohl daran interessiert den holländischen Handel zu schädigen als auch seinen eigenen (bzw. den der spanischen Niederlande in der Ostsee) zu stärken. Des weiteren war es politisch sinnvoll wenn die Nordsee und das Baltikum katholisch werden würden (sei es als Teil Spaniens, des Reiches oder Polens). Zuletzt hatte Spanien auch rein geostrategisch – militärische Interessen.

Der Waffenstillstand zwischen Spanien und den Niederlanden (1609 – 1621) hatte für Spanien enorme wirtschaftliche Nachteile erbracht. Holland konnte nach dem militärischen Sieg seinen Einfluss auf dem ostindischen Gewürzmark ausdehnen und Amsterdam zum Zentrum der Finanzwirtschaft entwickeln. Der Ostseehandel wurde nun komplett von der unabhängigen Republik kontrolliert (Ernst, 20) und schaffte es sogar die flandrischen [spanischen] Provinzen als Wirtschaftsmotor der Niederlande (Otero Lana, 114) zu verdrängen. Das ging sogar so weit, dass der Krieg [für Spanien] auf Dauer billiger zu stehen kam als der Frieden (Ernst, 20). Die deutschen Territorien Spaniens (und seiner Verbündeten, den der österreichischen Habsburger) begannen wirtschaftlich immer stärker von den Generalstaaten abzuhängen, da sie große Mengen an Holz, Pech,Hanf und Kupfer vom Baltikum importierten (Moreno Almarcegui, 292).
Gleichzeitig gingen die Spannungen in Übersee weiter. Obwohl die Niederlande nur zwei Mal in Form von Korsarenflotten gefährliche Vorstöße wagten (Fernandez Alvarez, El fracaso, 649. 1615 wurde die spanische Flotte von Peru vernichtet, 1616 versuchte eine holländische Expedition einen friedlicheren Verbindungsweg nach Asien), war Spanien sehr um die militärische Sicherung seiner Seewege besorgt. Denn man hatte Angst, dass der Silberfluss durch weitere Korsarenangriffe versiegen könne, und ohne das Silber war es unmöglich das Imperium am Leben zu erhalten (Ernst, 22).

Ein Frieden war rein wirtschaftlich betrachtet für Spanien unrentabel. Hollands Stärke war auch deren Schwäche: der Ostseehandel. Ohne Zufuhr von Getreide konnten die Niederlande schon im Mittelalter nicht bestehen (Baasch, 272), im 17. Jahrhundert war es ihnen erst recht unmöglich. Spanien wollte ebendiese Schwäche ausnutzen und entwickelte drei verschiedene Strategien:
  • Dünkirchner Piraten gegen holländische Schiffe, 1641.
    Erstens, den Aufbau einer Freibeuterflotte. So wie die Engländer, Holländer und Osmanli Korsaren mit Freibeutebriefen ausstatteten und ohne Gefahr eines Krieges feindliche Schiffe aufbrechen konnten, wollte Spanien es mit der gleichen Münze heimzahlen. Ab 1622 unterstützte die Gouverneurin Isabel Clara Eugenia von Brüssel aus den Aufbau mehrerer Freibeuter flotten. Zum einen gab es die offiziele spanische Armada von Flandern, zum anderen die individuellen Freibeuter von Dünkirchen und die Escuadra de Ostende von Adriaan van der Walle (Otero Lana, 126). Diese Freibeuter in spanischen Diensten waren überaus erfolgreich (Otero Lana, 127), so beraubte die Armada von Flandern bis zu 296 holländische Schiffe, die Dünnkirchenkorsaren und der Freibeuter Adriaan van der Walle brachen bis zu 1230 Schiffe auf. Die Folgen für die Holländer waren enorm hohe Kosten: Versicherungen, Fahrt in Konvois und größere Mannschaften für die Verteidigung der Schiffe (Otero Lana, 123).
  • Zweitens entwickelte man die Strategie der Konkurrenz. 1622 wurde ein Wirtschaftsrat eingerichtet (Molas Ribalta, 91) um den Wirtschaftskrieg in der Ostsee zu organisieren, aber wegen seiner Ineffizienz wurde er schon 1624 wieder aufgelöst. Stattdessen wurde die Handelskompanie Admiralität von Sevilla 1612 gegründet (Molas Ribalta, 92). Die Schiffe dieser Gesellschaft wurden von Kaufleuten aus Sevilla, den spanischen Niederlanden und aus dem Reich (Ernst, 25) ausgerüstet. Aber wegen des geringen Interesses der spanischen und hanseatischen Kaufleute war diese Handelsgesellschaft nie stark genug, um auch nur annähernd die wirtschaftliche Dominanz Hollands zu brechen.
  • Drittens, kam man auf die Idee des Baus einer echten Nordseeflotte. Während die friedliche Strategie der wirtschaftlichen Konkurrenz im Gegensatz zu den militärischen Überfällen der spanischen Korsaren wenig erfolgreich war, schien es effizienter und auch schneller den Feind militärisch unter Druck zu setzen.
Um letzteres zu erreichen brauchte Spanien in der Ostsee und, wenn möglich, am Baltikum mindestens einen sicheren Hafen. Leider war die Situation zunächst ungünstig: die protestantischen Schweden unter Gustav II.Adolf hatten zahlreiche Siegen gegen das katholische Polen SigismundsIII.errungen, ebenso konnte der katholische General Tilly nur wenige Erfolge gegen den evangelischen Dänen Christian IV. verbuchen.
Obwohl der Kaiser wiederholt Spanien um einen Waffengang gegen Dänemark bat, wurde dieser abgelehnt. Der Kronrat um Philipp IV wollte keinen weiteren kostenspieliegen Krieg gegen einen neuen Gegner beginnen (Ernst, 34). Außenpolitisch lud die Situation auch nicht zu weiteren Kriegen ein, denn erst 1623 war das spanische Eheprojekt mit Jakob I.von England gescheitert, und das (noch) geschwächte Frankreich zeigte ein reges Interesse an Italien welches in der Spanischen Einflusssphäre lag (Schilling, 523).
Einen direkten Krieg konnte man nicht wagen. Vielmehr sollten Polen und der Kaiser die Arbeit erledigen, ein paar Häfen aushändigen und ansonsten, wenn möglich, den Niederländern den Krieg erklären (was nie geschah), obwohl Olivares es stets versuchte.
Weiter unten werde ich auf diese zahlreichen, eher kurzfristigen Ziele, eingehen (England und Frankreich ruhig halten, Polen und das Reich für die spanische Sache einbinden).


Spanisches Weltreich. Um 1622 beherrschte Spanien noch sämtliche Farben, Grün ausgenommen.
Zuletzt gab es das offensichtlich geostrategisch – militärische Ziel. Da Spanien schwer sein Weltreich maritim absichern konnte, war es ratsam die Niederlande direkt am Verlassen der Nordsee oder des Kanals zu verhindern (Ernst, 21).
Um die Niederlande im Falle eines erneuten Krieges schaden zu können, musste Spanien von zwei Seiten aus angreifen: auf dem Land wie auf dem Wasser. Und dies war extrem brisant. Auf dem Land konnte Spanien keine großen Truppenbewegungen wagen: zu lang und zu teuer war der Weg vom Mittelmeer bis zur Ostsee, auch war Frankreich stets um seine Sicherheit besorgt. Auf dem Wasser waren die Holländer noch im Vorteil und wurden nur durch die spanischen Korsarenflotten gestört.
Wenn man also eine Nordseeflotte aufbaut, könnte man Holland in die Zange nehmen, den eigenen Handel besser schützen und zugleich ein Bollwerk gegen Skandinavien (Dänemark und Schweden) zur Unterstützung des Reiches errichten. Eine Flotte konnte also nur Vorteile bringen. Die Herausforderung bestand einzig und allein im Aufbau eben dieser Flotte und der Kontrolle über eben für den Aufbau benötigten Häfen.

(3) Die kurzfristigen Ziele des Nordprojekts und deren Geschichte

Nun wird näher ins Detail eingegangen, wobei ich einer thematischen Gliederung eher die chronologische bevorzuge, um die Übersicht zu wahren. Dabei kommen, insbesondere die politischen Zielsetzungen, klar zur Geltung.

Der Ursprung des Nordprojekts

Francisco de Moncada, Marques von Aytona (1586 - 1635).
Der Ursprung des spanischen Nordprojekts findet man in einem Brief vom flämischen Diplomaten Graf von Solre, geschrieben Anfang 1626. In besagten Brief, welchen Solre in seiner Eigenschaft als spanischer Botschafter in Warschau zum spanischen Ministerrat schickte, unterbreitete er eine gewagte, aber realisierbare Idee: dass Spanien eine zweite Front gegen die rebellischen Niederlande eröffnen könnte, und zwar in der Ostsee und im Baltikum (Ridenas Vilar, 85). Er war nicht der einzige, denn zeitgleich entwickelte der spanische Botschafter Aytona, welcher in Wien seinen Dienst leistete, einen ähnlichen Plan (Ridenas Vilar, 84).
Beide Pläne sahen vor, dass Spanien einige Häfen in der Ostsee und am Baltikum kontrollieren sollte um anschließend eine Flotte aufzubauen mit der die Spanier holländische Schiffe kapern, deren Handelsmarkt im Norden sperren und den Bewegungsraum ihrer Flotten einschränken könne. 
Diese Pläne unterschieden sich nur in der Auswahl und Beschaffung der Häfen. Während Aytona vorschlug, dass der habsburgische Kaiser mit Brandenburg und Polen einige Häfen aushandeln solle, hatte Solre eine weitaus aggressivere Taktik im Sinn. 
Zahlreiche polnische Häfen in Preußen waren von den Schweden im polnisch-schwedischen Krieg besetzt worden. Zwar war der Graf von Pommern dem katholischen Kaiser loyal, aber alt und ohne Erben. Spanien sollte den Kaiser dazu drängen, den Schweden den Krieg zu erklären, um einige Häfen zusammen mit Polen zurückzuerobern; und gleichzeitig weitere pommersche Häfen vom Grafen einfordern. Anschließend sollten diese Häfen von der Flandern-Flotte Spaniens und der Hanse beschützt werden. 1627 änderte man den Plan geringfügig, indem man beschloss, dass die Flandern-Flotte weiterhin bei Flandern operieren sollte. Stattdessen sollte eine Flotte von der Hanse gemietet bzw. gekauft werden (Ridenas Vilar, 85).
Solres Plan wurde vom Conde-Duque Olivares und dem Ministerrat mit Begeisterung aufgenommen; der andere Plan aufgrund der Abhängigkeit des kaiserlichen Willens verworfen (Ridenas Villar, 88).

Das Nordprojekt war so geboren. Der nächste Schritt war die Planung. Nun hatte Spanien folgende Zwischenziele zu erreichen, um an die Häfen zu kommen:
  • Das Reich musste mit Dänemark Frieden schließen, um danach mit gesammelte Kraft den Schweden den Krieg zu erklären (Ridenas Vilar, 108). Man beachte, dass die dänisch-niedersächsische Phase des dreißigjährigen Krieges schon begonnen hatte.
  • Spanien musste versuchen, dass sowohl England als auch Frankreich mit anderen Konfliktherden beschäftigt werden, um vom Nordprojekt abzulenken.
  • Sowohl Polen als auch die Hanse mussten in das Projekt eingebunden werden, indem beide sowohl gegen die Niederlande (im Falle der Hanse) als auch gegen die Schweden (im Falle Polens) kämpfen.
Pläne mit dem Reich

Zunächst einmal wollte Spanien 1627 den dänischen Frieden erreichen, allerdings nur durch den Sieg der Habsburger. Und Christian IV fühlte sich in diesem Jahr wahrhaftig noch nicht bereit dazu: seine Heere waren weder geschlagen noch hatte er innenpolitische Probleme. Erst Jahre später, dank Wallensteins (und nicht Tillys) Truppen, wurden die Dänen besiegt.
Während nun der Kaiser und Maximilian sich annäherten, vor allem zuzüglich der Pfalz-Frage (denn trotz der spanischen Subsidien benötigte FerdinandII. die Loyalität des Bayerns), fand
Kapitulation der Stadt Rostock an Wallenstein,
dem Oceanischen vnd Balthischen Meers Generaln,
aus dem Jahr 1628.
Spanien in Wallenstein nun einen erfolgversprechenderen Partner. Da die Verhandlungen mit der Hanse und mit Polen 1627 nicht gut liefen (siehe unten), wurden flugs die Pläne geändert: nicht pommersche und preussische, sondern dänische Häfen wären ebenfalls eine gute Operationsbasis für die Ostseeflotte (Ridenas Vilar, 124). Gleichzeitig hatte Wallenstein im September 1627 Spinola um Schiffsexperten gebeten (Bei der Weiden, 69), ebenso informierte Wallenstein sowohl Brüssel als auch Madrid über seine Pläne, 1628 eine Großoffensive gegen Dänemark starten zu wollen. Noch ein Jahr zuvor hatte Wallenstein kein Interesse gezeigt (Bei der Weiden, 71); nun aber, durch die militärischen Erfolge, benötigte er eine Flotte, um die eroberten Küstenabschnitte sowohl vor den Dänen als auch den Schweden zu schützen.
So verlief alles 1627 relativ rasch: Wallenstein wurde vom Kaiser zum General des Oceanischen und Baltischen Meers und Darauf habenden Armada (Bei der Weiden, 78) ernannt, Sigismund III. schickte von Polen aus einige Schiffe. Spanien entsandte auf Wunsch Wallensteins Graf Philipp von Mansfeld als Flottenexperten und Generalkommissar.

Pläne mit Frankreich und England

Es gab zwischen beiden Nationen mehr oder weniger starke Spannungen, und diese wollte Spanien ausnutzen. Trotz den französisch-spanischen Problemen in Italien (Valtellina, Genuesischer-savoyischer Krieg) gelang es den spanischen Diplomaten, 1627 ein anti-englisches Militärbündnis zustande zubringen. Allerdings waren die Spanier verpflichtet, den Franzosen mit einer Flotte zu Hilfe zu kommen, sollte der Bündnisfall eintreten. Allerdings waren Olivares und der Rat nicht vollständig zufrieden – der offene Krieg gegen England war noch nicht ausgebrochen; beide Nationen konnten das Nordprojekt noch gefährden (Ridenas Vilar, 96). Da traf es sich vorteilhaft, dass wenige Monate nach dem trocknen der Tinte La Rochelle einenerneuten Aufstand wagte; und dass die Engländer ihre calvinistischen Glaubensgenossen mit Flotte und Invasionskorps unterstützten.
Nun allerdings war Spanien gezwungen eine Flotte zu senden, auch wenn sie stets betonten, dass sie nur kämpfen würden wenn Frankreich eine ähnlich starke Flotte stellen konnte. Was sie, wie Olivares genau wusste, finanziell überfordern würde. Als die spanische Flotte aus Cadiz auslief, war der Konflikt schon wieder vorbei: die Engländer waren geschlagen, La Rochelle erobert.
Der zweite Teil des Plans verlief im Sinne Spaniens, nur dauerte es viel zu kurz, auch wenn sich Frankreich und England von diesem Konflikt erstmal erholen mussten.

Pläne mit Polen und der Hanse

Der dritte Teil des Plans verlief vollkommen unbefriedigend: Obwohl der Kriegzwischen Polen und Schweden nach dem Waffenstillstand 1626 wieder ausbrach und bis 1629 fortdauerte, verlief es für Spanien taktisch schlecht: die Polen gewannen den Krieg nicht; sondern sie verloren ihn in zahlreichen Schlachten zwischen 1626 und 1627. Noch dazu wurde die Position des polnischen Königs Sigismund stark geschwächt: die einflussreichen Adligen, welche wirtschaftliche Kontakte mit den Niederlanden unterhielten, waren kriegsmüde (Ridenas Vilar, 116); es gab dynastische Spannungen zwischen Sigismund III. und dem Prinzen Ladislaus; und die milden Friedensbedingungen Gustav II. Adolfs (welchem die Niederländer darum gebeten hatten) trugen nicht zu einer Moralisierung bei. Sigismund konnte den Krieg nur (erfolgreich) weiterführen, wenn er mit spanischen und kaiserlichen Truppen unterstützt würde. Da aber weder das eine (es kam keine spanische Flotte) noch das andere (wie schon oben erwähnt) der Fall war, wurde 1629 der Frieden mit Schweden geschlossen.
Und die Hanse kooperierte gar nicht erst. Sogar Danzig wollte keine Schiffe zu Verfügung stellen, obwohl deren Hafeneinfahrt von schwedischen Schiffen blockiert wurde (Ridenas Vilar, 118).

(4) Das Scheitern des Projekts und Schluss

Nur dank Wallenstein konnte das Nordprojekt noch am Leben erhalten werden, bis es durch eine Serie von Ereignissen vergessen, als erledigt betrachtet wurde. 1628 war das Jahr des Wechsels: denn die politische Situation hatte sich für Spanien geändert. Warschau begann ernsthaft mit Gustav II. Adolf zu verhandeln, Sigismund III. konnte und wollte nicht mehr auf die nicht kommenden spanischen Truppen warten. Spanien konnte erst recht keine Truppen mehr schicken, da der Mantuanische Erbfolgekrieg ausgebrochen war, das Projekt war nicht mehr von Relevanz. Noch dazu verschärfte sich die Situation im Reich wegen des Restitutionsedikts von Ferdinand II (Schmidt). Zuletzt verlief der Krieg mit den Niederlanden, welcher 1621 ausgebrochen war, nicht erfolgversprechend. Zwar unterhielt Spanien weiterhin seine Kontakte mit dem Mitgliedern des Nordprojekts; aber eher um den Schein zu wahren. In Wirklichkeit hatten Olivares und der Rat kein Interesse mehr (Ridenas Vilar, 136, 147).
So setzte es Spanien 1929 durch, dass der Generalkommissar und Flottenexperte Graf von Mansfeld durch Gabriel de Roy ersetzt wurde (Bei der Weiden, 88); aber nicht um eine funktionsfähige Flotte aufzubauen sondern um mit den gekauften Schiffen später die Flandern-Flotte zu verstärken (Ridenas Vilar, 146). So konnten die Schweden leicht 1630 Hiddensee und Rügen besetzen und 1631 Wismar erobern. Mit dem Desinteresse Spaniens verlor auch Wallenstein die Lust an der Ostseeflotte, schon weil Le Roy sich wenig kooperativ zeigte und statt schwedische Kriegsschiffe eher holländische Kauffahrtschiffe versenkte (Bei der Weiden, 90). Natürlich kam kaum ein Schiff bis nach Flandern, die Schweden hatten die (kleine) Ostseeflotte in Wismar eingeschlossen.

Obwohl das Nordprojekt letztendlich scheiterte, so ist es doch ein schönes Beispiel für die (Kriegs-) Ziele der spanischen Kabinettspolitik. Eine Idee wurde geboren, ein Plan geschmiedet und Diplomaten in alle Welt geschickt. Die Botschafter welche nach Polen und Wien reisten taten dies unter strengster Geheimhaltung und mit falschen Aufträgen getarnt. Durch militärische Glücksfälle kam man dem Ziel schon sehr nahe, bis die fest eingeplante Kooperation mit der Hanse scheiterte, Wallenstein mit eigenen Plänen aufkreuzte, in Italien eine strategisch wichtige Herrscherdynastie ausstarb und die Hugenotten sich besiegen ließen. Kleine, geografisch weit voneinander entfernte Ereignisse brachten das internationale Nordprojekte zum Scheitern, und neue Pläne wurden geschmiedet.

Quellen

BAASCH, Ernst, Holländische Wirtschaftsgeschichte, Jena, 1927.
BEI DER WEIDEN, Helge, Die Kaiserliche Ostseeflotte (1627 – 1632), in Aus tausend Jahren mecklenburgischer Geschichte, Tatzeburg, 1979, S. 67 – 96.
ERNST, Hildegart, Madrid und Wien 1632 – 1637, Münster, 1991.
FERNANDEZ ALVAREZ, El fracaso de la hegemonia Española en Europa, in La España de Felipe IV, Madrid, 1982, S. 636 – 761.
FERNANDEZ ALVAREZ,La cuestión de Flandes (Siglos XVI – XVII), in Studia histórica, 1986, S. 7 – 16.
MOLAS RIBALTA, Pere, Instituciones y comercio en la España de Olivares, in Studia histórica, 1987, S. 91 – 97.
MORENO, Antonio Almárcegui, Europa en la era del capitalismo comercial, Pamplona, 2007.
OTERO LANA, Enrique, El corso del Flandes español como factor de guerra económica, in Studia histórica, 2005, S. 111 – 133.
RIDENAS VILAR, Rafael, La política europea de España durante la guerra de los treinta años (1624 – 1630), Zaragoza, 1967.
SCHILLING, Heinz, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, Paderborn, 2007.
SCHMIDT, Georg, Der dreißigjährige Krieg, Münschen, 1995.






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